von CheshireCat Sa Jul 20, 2019 9:35 pm
Andrels Kleider raschelten laut in die andächtige Schau nach Innen, in die Lylla versunken war. Die Klänge der Quin formten das schummrige Dunkel um sie her zu dem Blattwerk, aus dem die Göttin ihr entgegensah. Aber es waren nicht ihre Augen, und Lylla sann die ganze Zeit den Lauten nach, um einen anderen Hinweis auf Dorana zu erspähen. Jetzt, als Andrel aufstand, schien sich ein Schleier in ihr zur Seite zu schieben und sie fühlte ganz deutlich, dass er bleiben sollte. Ihr blieb keine Zeit, sich vorzubereiten, und das ihr altbekannte Kinderlied wand sich langsam aus ihrem Herzen um die Melodie der Quin, laut genug, dass Andrel sie noch hören konnte:
"Im Schatten lauert Pereyas Schmerz
ihr Pelz wie Wasserfunkeln
zu fressen das Böse voller List
erwacht ihr Herz im Dunkeln"
Sie lauschte der Melodie, wiegte stumm ihren Kopf hin und her und fühlte wieder den Moment, in dem sie einsteigen musste:
"Ein Spiegel des Mondes ist ihr Nerz
und du, vertrau ihr ruhig blind
dir, dem das Böse begegnet ist
eilt sie zu Hilfe geschwind"
Befriedigt wiederholte sie die letzte Zeile. All das Vertrauen in die Göttin und ihre Helfer, den Wald und ihre eigene Familie ergoss sich in ihren Gesang, wie eine Quelle, die gibt und gibt und niemals versiegen muss. All die Abende am Feuer lagen darin, in denen ihr das Lied gesungen worden war, als Kind, als Jugendliche, als rebellische junge Erwachsene. Auch die Male, die sie erfolgreich Kinder damit in den Schlaf gesungen hatte, schwangen mit. Für Lylla war es an der Zeit, sich selbst wieder Mut zu machen. Wenn die Welt ihnen nicht genug Grund zur Hoffnung gab, so mussten sie sich die alten Geschichten erzählen.