von Dragonas von Elberfeld Mi Okt 30 2013, 00:53
So sei es, du hast nun alles was du wolltest: Ruhm, Ansehen,jede Menge Auszeichnungen und Geld.
Doch mit der Zeit steigt der Druck. Deine Meisterwerke suchen ihresgleichen, die Leute feiern deine Genialität wollen mehr mehr und mehr von dir. Jedes Buch muss das andere um ein wenig übertreffen. Dies gelingt dir auch immer und immer wieder,aber mit der Zeit merkst du, wie dir langsam aber sicher, dein Ideenreichtum, die Quelle deiner Genialität, das Elixier deines Geistes, schwindet. Dein Kopf fühlt sich an, wie eine Koralle in der Wüste, trocken und spröde. Jeder Gedanke jede erdenkliche Art von Inspiration hast du in deinen Texten und Büchern verbaut, jedes Detail was du zufällig auf der Straße aufgefangen hast, jede Melodie die sich in deinen Kopf verfing. Es gibt fast nichts was du nicht gesehen, gehört oder nachgeschlagen hast um neue Werke zu veröffentlichen. Doch das ist nicht genug. Die Menschen fühlen sich geborgen und sicher in den Welten die du ihnen gegeben hast, doch Menschen sind gierig. Sie erwarten immer ein Stückchen mehr, einen immer höheren Gipfel.
Du merkst wie sie dich auslaugen, Buchstabe um Buchstabe, Wort um Wort, Seite um Seite. Sie schneiden Tag für Tag ein Stück deiner selbst aus dir heraus, bei jedem Interview, bei jeder deiner einst geliebten Galen, Messen und Verleihungen merkst du wie sie an dir nagen.
Jede Frage, jeder Blick wird eine Qual für dich, denn du weißt, dein Kopf ist leer. Trocken wie deine lächelnde Maske, hinter der sich ein Strudel aus Versagungsangst und Selbsthass auftürmt.
Du beginnst sie zu meiden, die lachenden Fratzen, die lechzenden Augen, suchend nach dem Kronjuwel deiner Werke, von dem du weißt das es nicht kommen wird.
Dein Kopf, einst Brutstätte der schönsten litearischen Errungenschaften gehorcht dir nicht mehr. Du treibst in dem Meer deiner eigenen Anklagen, ruhelos wie ein Boot im Sturm.
Mit ausgewaschenen Gedanken treibst zwischen Tag und Nacht umher, mit einem Ziel aber ohne Weg. Alles verschwimmt hinter einem grauem Schleier welcher sich enger und enger um dich legt.
Du fängst an deine alten Bücher zu lesen, in der Hoffnung dein messerscharfer Verstand möge zurück kommen, aber sie verwirren dich nur weiter, sie verwischen jedes klare Fassen.
Vor deinen sich trübenden Augen beginnen sich die Buchstaben sich zu strecken, zu kreisen, zu flimmern,
tanzend jagen sie über die Seiten.
Du bist gefangen in ihnen obwohl du nicht begreifen kannst was sie dir sagen. Jeder Satz ist dröhnt dir in den Ohren, jedes Wort gleicht einem Schrei.
Du schleuderst sie von dir, deine papiernen Kinder, deine Ausgeburten aus Tinte und Verstand und schlägst die Hände vors Gesicht. Ruhe? Stille? Erlösung?
Nein! Du siehst sie noch immer: Spitze scharfe Zeichen, schwarz, blau und weiß, lachend, mit Hohn und Spott auf dich eindringend.
Du versuchst die wegzuwischen, doch sie entkommen deinen kratzenden Fingern.
Mit zitternder Hand schlägst du nach ihnen, doch sie zucken durch deine Hände.
Im Wahn deiner eigenen Werke gefangen taumelst du nach hier und dort. Deine eigenen Gedanken liegen brennend auf deinen Pupillen.
Trunken von Hass schlägst du immer und immer wieder auf dein Gesicht ein, hoffend das deine Augen sich schließen mögen und der Wahn einer alles verzehrenden Schwärze weichen möge, doch sie sind immer noch da, wie toll hinter deinen Liedern springend, blubbernd, kreisend.
Du bist zu schwach um sie zu verscheuchen, deine Fäuste zu stumpf, zu kraftlos.
Der erste Stich deiner Nagelfeile frisst sich scharf und hart in dein Fleisch, zerreist die Trugbilder, der zweite Stich dämmt das grelle Leuchten und der dritte Stich bringt eine wohltuende Trägheit mit sich. Die Hitze des Wahns weicht einer kühlenden Lähmung. Du bemerkst gerade noch wie die Feile zu Boden klirrt, wie dein Körper wie von selbst herniederschwebt und dir die kühlen Fliesen deines Badezimmers wohltuende Linderung verschaffen, bevor sich deine Lieder schließen und dich ein schwarzer Strom davonträgt .
Ich wünsche mir das gesammelte Wissen der Menschheit.