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Die Vorstellung eines neuen Romans von unserem Mitglied Tarija; in ihren Worten verfasst:
Klappentext:
Tarija ist eine junge Wölfin, die gefangen ist im Körper einer attraktiven Frau und zu großem bestimmt. Ihrer Bestimmung wird sie aber erst bewusst, als sie auf den ashakischen Barbaren Alkje trifft. Ein gutaussehender Grobian, dem sie anfangs nur die kalte Schulter zeigt, während sie mit ihm durch das geteilte Kardianische Land reitet. Dabei merken beide, dass ihr Leben durch eine Prophezeiung sehr eng verwoben ist. Sie begeben sich gemeinsam auf die Suche, durchqueren Gebirge, tiefe Wälder und weite Steppen, um herauszufinden was es mit den Worten in der Alten Schrift auf sich hat. Dabei erfährt sie die wahre Herkunft von Alkje, seine Rolle in der Prophezeiung, aber auch ihre.
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Die Vorstellung eines neuen Romans von unserem Mitglied Tarija; in ihren Worten verfasst:
Klappentext:
Tarija ist eine junge Wölfin, die gefangen ist im Körper einer attraktiven Frau und zu großem bestimmt. Ihrer Bestimmung wird sie aber erst bewusst, als sie auf den ashakischen Barbaren Alkje trifft. Ein gutaussehender Grobian, dem sie anfangs nur die kalte Schulter zeigt, während sie mit ihm durch das geteilte Kardianische Land reitet. Dabei merken beide, dass ihr Leben durch eine Prophezeiung sehr eng verwoben ist. Sie begeben sich gemeinsam auf die Suche, durchqueren Gebirge, tiefe Wälder und weite Steppen, um herauszufinden was es mit den Worten in der Alten Schrift auf sich hat. Dabei erfährt sie die wahre Herkunft von Alkje, seine Rolle in der Prophezeiung, aber auch ihre.
- Leseprobe:
- Kleine Leseprobe des Prologs:
Prolog
Dicht an das Fell ihrer Mutter geschmiegt, lauschte sie all den Geräuschen in ihrer Umgebung. Sie vernahm das Rascheln des Laubes, das sie verursachte, wenn sie sich bewegte. Ihre eigenen Atemzüge, sowie die gleichmäßigen, beruhigenden ihrer Mutter. Sie hatten sich in die Höhle zurückgezogen, denn draußen wurde es unerträglich heiß und selbst hier im Wald flimmerte bereits die Luft. Nur im Schutz der Erde, konnte man diese Hitze noch ertragen.
Sie horchte auf die Klänge, die durch den Eingang an ihre Ohren drangen, wie das leise Rauschen der Blätter, die sich in der Sommerbrise wiegten, und die Füße der vielen Waldbewohner, die durch das Laub des letzten Herbstes huschten. Nur die Vögel schwiegen, denn auch ihnen war es zu heiß, was aber die Symphonie der Geborgenheit nicht störte.
Sie hoffte, dass bald der Abend anbrechen würde, denn dann würde ihre Mutter endlich aus ihrem dösenden Zustand erwachen und sie würden sich auf die Jagd begeben. Es kribbelte bereits in ihren Fingern und an Schlaf wollte sie erst gar nicht denken. Sie hatte noch nicht viele Sommer erlebt und platzte nur so vor Tatendrang, doch im Wald warteten allerlei Gefahren auf sie, weswegen sie mehr oder weniger geduldig in der Höhle blieb.
Ihre Gedanken schweiften, wie so oft an solch langweiligen Tagen, ab und sie fragte sich zum hundertsten Mal, warum sie sich verändert hatte. Sie erinnerte sich schwach daran, wie sie mit Fell und auf allen vieren die Welt erkundet hatte, doch nun besaß sie kein Fell mehr und ging aufrecht. Der Grund dafür war ihr schleierhaft. Selbst ihre Mutter hatte keine Erklärung dafür, doch brachte der Verlust ihrer Wolfsgestalt sie dazu, gemeinsam das Rudel zu verlassen. Denn man wollte sie, das Wolfsjunge, das nun keines mehr war, ausstoßen und davonjagen. Ihre Mutter jedoch verharrte an ihrer Seite und suchte einen neuen, abgelegenen Unterschlupf, um sie weiterhin großzuziehen und beschützen zu können.
Vorsichtig, um ihre Mutter nicht zu wecken, setzte sie sich auf, schlang ihre Beine zum Schneidersitz und legte den Kopf leicht zur Seite. Sie vernahm ein Geräusch, das nicht hierher gehörte. Ein Laut, den sie eigentlich nur von dem nahegelegenen Bauerndorf kannte und der ihre Neugierde schürte. Ihre kleinen Finger berührten das graue Fell ihrer Mutter, der Wölfin, drückten fest gegen deren Schulter, damit sie aus ihrem Dämmerschlaf erwachte. Doch sie musste ein paarmal rütteln, ehe ihre Mutter endlich behäbig den Kopf hob.
Was ist denn Tarija mein Schatz, hallte die sanfte Stimme in ihrem Kopf. Tarija deutete zum Eingang.
Da ist ein Geräusch. Was ist das?
Die bernsteinfarbenen Augen der Wölfin richteten sich zum Eingang der Höhle und ihre Ohren stellten sich auf, um zu lauschen. Tarija indes beobachtete das Muskelspiel unter dem Fell, während sich die Wölfin in einer fließenden Bewegung erhob und zum Höhleneingang trottete. In der runden Öffnung blieb sie stehen, reckte ihre Nase prüfend in den Wind, bevor sie kurz ganz nach draußen ging und dann wieder zu ihr hereinkam. Dabei legte sich ein beruhigendes Lächeln in ihre wölfischen Züge und sie sagte: Das sind nur Pferde, die einen Wagen der Menschen ziehen. Es braucht dich nicht zu sehr beunruhigen. Sie sind noch weit weg von uns und somit keine Gefahr.
Leise brummend, ließ sich die Wölfin neben ihr nieder, schleckte mit der rauen Zunge kurz über ihre Wange und bettete dann den Kopf auf die Vorderpfoten. Ein wenig beruhigt, aber immer noch neugierig, lehnte sie sich an die Schulter ihrer Mutter und lauschte weiter diesen neuen Klängen. Verträumt spielten ihre Finger mit dem langen Halsfell des Muttertieres, ehe sie sich, doch langsam müde werdend an die kuschelige Schulter schmiegte. Sie fühlte eine Anspannung unter ihrem Kopf, blinzelte ein wenig und sah in die Augen ihrer Mutter, die sie über die Schulter hinweg mit einem liebevollen Blick betrachtete. Dieser veränderte sich jedoch innerhalb weniger Sekunden und machte einem ernsten Ausdruck Platz.
Man hört die Menschen nicht so oft in diesem Teil unseres Waldes, da sie sich vor uns fürchten, so wie auch wir uns vor ihnen fürchten. Dennoch musst du dich vor ihnen hüten, auch wenn du wie sie aussiehst. Keiner weiß, wann du dich wieder zum Wolf verwandelst, daher rate ich dir, meide die Menschen, wo es nur geht. In deiner wahren Form werde sie dich wegen deines Felles jagen, das darfst du nie vergessen! Sanft stupste die Wölfin sie mit ihrer feuchten Nase an die Wange. Nun versuche aber ein bisschen zu schlafen, damit du ausgeruht bist für die Nacht.
Müde nickte sie, schloss ihre Lider und versuchte Schlaf zu finden. Anhand der Bewegungen, die sie unter sich spürte, wusste sie, dass ihre Mutter den Kopf auf die Vorderpfoten legte und sich entspannte. Sie hingegen horchte noch ein wenig auf die Geräusche, bis sie in einen Dämmerschlaf verfiel.
Plötzlich vibrierte es unter ihren Händen und sie setzte sich erschrocken auf. All die Müdigkeit verschwand schlagartig. Nur ein Blick zu ihrer Mutter genügte, um zu wissen, dass etwas nicht stimmte. Die Wölfin hatte ihre Lefzen hochgezogen, ihr Nackenfell sträubte sich und ein tiefes Knurren drang aus ihrer Kehle, wobei sie alarmiert zum Höhleneingang blickte.
Hinter mich, knallte die Stimme ihrer Mutter in ihre Gedanken, was sie auch ohne zu zögern tat. Sie kletterte auf allen Vieren über den Rücken der Wölfin und drückte sich gegen die Höhlenwand. Sogleich erhob ihre Mutter sich, tat einen Schritt auf die Öffnung zu und platzierte ihren geschmeidigen Körper schützend vor sie, während ihr Knurren immer tiefer und drohender wurde.
Mit wachsender Angst fragte sich Tarija, was ihre Mutter vernommen hatte, ehe sie schwere Schritte vor der Höhle wahrnahm. Laub raschelte, dürre Zweige zerbrachen unter dem Gewicht, das darauf trat und Tarija spürte, wie die Furcht ihren ganzen Körper lähmte.
Plötzlich wurde es dunkel und sie versuchte über den Rücken ihrer Mutter nach vorne zu blicken. Erschrocken über den großen Körper, der sich vor den Eingang der Höhle schob, schlug sie ihre Hände auf den Mund, um nicht zu schreien. Sie durfte jetzt keinen Laut von sich geben und machte sich so klein sie nur konnte. So oft hatte ihre Mutter sie ermahnt und ihr erklärt, wie sie sich bei Gefahr verhalten sollte. Egal ob es sich um ein anderes Raubtier handelte, oder wie jetzt um einen Menschen, der neugierig hereinblickte.
„Hier ist ein Wolf und…wartet! Dahinter ist irgendwas! Ich brauch einen Speer!“ Der Mensch verschwand kurz und Licht trat wieder in die Höhle, doch nur für ein paar Minuten.
Bleib dicht hinter mir! Vielleicht bekommen wir eine Möglichkeit zu fliehen. Ihr entging die Panik in der Stimme ihrer Mutter nicht, die sich sofort auf sie übertrug und noch mehr geschürt wurde, als der Mensch wieder die runde Öffnung blockierte. In seinen Händen hielt er einen halblangen Holzstab, dessen vorderes Ende in der Sonne glitzerte. Die Entscheidung ihre Mutter, sie immer wieder zu dem nahegelegenen Dorf mitzunehmen half ihr jetzt sehr. Denn dadurch hatte sie mehr über die Menschen gelernt, ihr Verhalten, die Dinge, die sie benutzten, und vor allem ihre Sprache, denn sie verstand jedes Wort.
„Scheiße! Da ist ein Kind hinter dem Wolf! Schnell…“ Hektik brach vor der Höhle aus, der Mensch zielte mit dem Speer auf ihre Mutter und im gleichen Moment begann sie zu zittern. Ihre Mutter knurrte noch drohender, fletschte mit den Zähnen und schirmte sie beschützend vor den Menschen ab. Ihre Angst wuchs ins Unermessliche, lähmte sie, während sie mit weit aufgerissenen Augen das Geschehen beobachtete.
Das Nackenfell ihrer Mutter sträubte sich noch mehr und sie tat einen Schritt auf den Menschen zu, der sogleich den Speer in ihre Richtung warf. Mit einem entsetzten Aufschrei sah Tarija ihre Mutter taumeln, nachdem sich der Speer tief in deren Seite gebohrt hatte.
Schmerzerfüllt heulte ihre Mutter auf, was Tarija durch Mark und Bein ging.
Verzweiflung und Schrecken vermischten sich, nahmen die Lähmung von ihrem Körper und sie machte einen Satz nach vorne zu ihrer Mutter. Noch stand sie vor ihr, beschützend wie ein Schild, doch sie sah das Zittern der Läufe, die begannen unter dem gepeinigten Körper nachzugeben. Tränen rannen ihr in Strömen über die Wangen und sie schlang schluchzend ihre Arme um den Hals der Wölfin. Sie vergrub wimmernd ihr Gesicht in dem weichen Fell, während die Stimme des Menschen wie durch Watte an ihre Ohren drang.
„Verdammt nochmal helft mir, bevor dem Kind etwas geschieht!“
Verflucht, waren die Menschen denn blind? Sahen sie nicht, dass sie sich nicht in Gefahr befand? Alles um sie herum versank im Chaos. Ihre ganze Welt, zerstört innerhalb weniger Sekunden. Aus der Symphonie der Geborgenheit wurde eine Dissonanz der Gewalt.
Die Läufe der Wölfin gaben nun endgültig nach und mit einem weiteren schmerzerfüllten Jaulen brach ihre Mutter zusammen. Ihr Blick fiel auf den Speer und eine Welle der Furcht raste durch ihren Körper. Sie musste den Speer herausziehen. Sie musste ihrer Mutter helfen. Ihre Hände umfassten das Holz und mit all ihrer Kraft, die sie aufbringen konnte, versuchte sie den Speer herauszuziehen. Doch die Spitze blieb stecken, rührte sich keinen Millimeter, sondern sorgte nur dafür, dass ihre Mutter wieder vor Schmerzen aufheulte.
Panik durchfuhr sie und mit geweiteten Augen, ließ sie hastig den Speer wieder los.
Ich versuche sie abzulenken, mein Kind. Versuche zu fliehen und finde deinen Vater! Er wird dich beschützen. Mit diesen Worten versuchte ihre Mutter sich wieder aufzurichten, keuchte vor Schmerzen, doch ihr Körper brachte die Kraft nicht mehr auf. Voll Entsetzen musste Tarija zusehen, wie das Leben aus dem Körper ihrer Mutter floss. Weinend schlang sie wieder die Arme um den Hals der Wölfin und vergrub ihr Gesicht im Fell. Dann tastete sie von neuem nach dem Speer, fühlte etwas Warmes, Klebriges an ihren Fingern und schreckte hoch. Sie schaute zu der Stelle, wo der Speer im Fleisch steckte und musste mit ansehen, wie immer mehr von dem roten Lebenssaft das Fell ihrer Mutter durchtränkte. Panisch schrie sie auf, nahm nur aus dem Augenwinkel wahr, wie der Mensch bei ihrem Heulen kurz zuckte, denn sie jaulte wie ein Wolf. Mit all dem Mut, den sie noch in sich fand, sprang sie auf und packte den Speer mit fester Entschlossenheit. Sie zog, das Heulen ihrer Mutter ignorierend, doch der Speer bewegte sich kein Stück. Dann spürte sie wie große Hände sie an der Hüfte packten und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie vor ihrer Mutter stand. Der Mensch versuchte sie aus der Höhle zu zerren, doch sie schlug und trat wie wild um sich. Ein Knurren, das drohend klingen sollte, jedoch mehr ihre Angst widerspiegelte, drang aus ihrer Brust. Änderte sich schlagartig zu einem wütenden Grollen, nachdem sie bemerkte, dass er sie immer weiter von ihrer Mutter wegzog. Sie blickte zu ihr, sah der Wölfin dabei zu, wie sie sich ein weiteres Mal erheben wollte, doch entkräftet vom Verlust des Lebenssaftes wieder zusammensackte.
Flieh, mein Kind! Flieh! Such deinen Vater, schrie ihre Mutter ihr entgegen, woraufhin sie sich noch verbissener wehrte. Sie schlug ihre harten Fingernägel in die Haut des Menschen, der sie schreiend losließ, um sie jedoch augenblicklich an den Handgelenken zu packen. Sie stemmte ihre Füße in den Boden, drückte sich weg von ihm, doch er hielt sie beharrlich fest. Er zog und zerrte sie weiter zum Eingang, weg von ihrer Mutter, weswegen sie anfing wie von Sinnen zu schreien: „MAMA! MAMA, hilf mir!“
Gleißendes Sonnenlicht stach plötzlich wie Nadelspitzen in ihre Augen und ließ sie heftig blinzeln. Ihr Geschrei wurde noch schriller. Ihre Stimme überschlug sich regelrecht in blanker Angst. Nachdem sich ihre Augen endlich an das Licht gewöhnt hatten, blickte sie in das Gesicht eines anderen Menschen, der sie verwundert musterte.
„Was ist denn mit dem Kind los? Das gebärdet sich ja wie ein wildes Tier.“ Um dies zu bestätigen, fauchte sie den Bärtigen an, woraufhin er einen Schritt zurücktrat und der Rothaarige neben ihm, der sie immer noch eisern festhielt, kurz auflachte.
„Scheint es wohl zu sein. Am besten wir bringen sie erst einmal ins Dorf.“ Der Bärtige nickte, ging um sie herum und umfasste sehr grob ihre Ellbogen, die er ihr brutal an den Körper drückte. Sie strampelte, trat ihm mehrmals an die Knie, doch er ließ sie nicht los. Abermals überschlug sich Tarijas Stimme. Versuchte sich in dem eisernen Griff zu winden, sich loszumachen, doch sie hatte keinen Erfolg damit. Der Rothaarige ließ ihre Hände los, worauf sie sofort versuchte, ihn zu kratzen. Doch der Bärtige presste ihre Ellbogen weiter fest an ihren Körper, sodass sie die Arme nicht heben konnte. Jetzt begann sie, noch wilder zu strampeln. Seine derben Flüche begleiteten ihre Tritte.
Sie versuchte einen Blick zur Höhle zu erhaschen, schrie verzweifelt nach ihrer Mutter, aber sie bekam keine Antwort. Wie auch. Ihre Mutter wurde gerade brutal aus der Höhle gezerrt. Starr vor Entsetzten blickte sie in die weit geöffneten bernsteinfarbenen Augen, denen jeglicher Glanz von Leben fehlte. Das wunderschöne graue Fell, war um den Speer herum durchdrängt vom roten Lebenssaft. Der Anblick ihrer toten Mutter nahm ihr die Geborgenheit, die die Wölfin ihr gegeben hatte.
Wieder bäumte sie sich auf, wollte sich losmachen, weglaufen, zu ihrem Vater fliehen. Doch es gelang ihr nicht. Schreiend trat sie mit aller Kraft um sich, wollte ihre Nägel in die Haut der Menschen rammen, ihnen die Augen auskratzen für das, was sie getan hatten. Ihre Lippen zogen sich nach oben und sie fletschte die Zähne in Richtung der Menschen, die Hand an ihre Mutter legten, doch sie bekam keine Gelegenheit, einen von ihnen zu kratzen oder zu beißen.
„Hey! Was machen wir mit dem wilden Ding hier?“, rief ihr Peiniger und umklammerte eisern ihre Ellbogen.
„Bring sie in den Käfig! Sieh aber zu, dass du ihn ordentlich verschließt!“ Ein entrüstetes Schnauben drang an ihre Ohren, dann wurde sie weggetragen. Keiner der anderen beachtete sie mehr, oder reagierte auf ihr unnatürliches Geschrei und ihr Gebaren. Selbst ihr drohendes knurrendes Zähnefletschen würdigten sie keines Blickes mehr. Das Interesse der Menschen galt nun ganz allein nur noch der Wölfin. Einer riss den Speer aus dem toten Körper und Tarijas Schreie wurden mehr zu einem Krächzen, bevor sie in ein heiseres Wimmern übergingen. Tränen rannen ihr über die Wangen und sie wusste nicht mehr, was sie noch tun konnte. Ein weiteres Mal bäumte sie sich mit allem, was sie aufbieten konnte, auf, doch gleichzeitig spürte sie, wie ihre Kraft sie verließ. Sie wollte aber noch nicht aufgeben. Sie wollte wieder frei sein. Doch ihr Körper ließ sie im Stich. Eine bodenlose Leere breitete sich in ihr aus, verdunkelte ihre Gedanken und langsam erschlaffte sie in den Händen des Menschen. Das letzte bisschen Mut verließ sie. Wieso sollte sie sich noch wehren? Jetzt da alles zu spät war, es keine Möglichkeit mehr gab, sich zu befreien. Sollten die Menschen sie doch auch töten, dann wäre sie wenigstens wieder mit ihrer Mutter zusammen.
Vor ihr tauchte ein merkwürdiger Wagen auf. Sie kannte nur die Karren der Bauern, die damit Getreide und andere Lebensmittel transportierten. Auf dem Gefährt befand sich ein Behälter aus glänzenden, eng sitzenden Ästen. Er strahlte etwas Bedrohliches aus. Ihre Nackenhaare richteten sich auf. Unbarmherzig schubste der Mensch sie in den Kasten hinein, knallte die Tür zu und verschloss sie, wobei er sich mehrmals vergewisserte, dass die Tür auch richtig zu war. Unter sich fühlte sie hartes Holz, während diese harten glänzenden Äste ein beklemmendes Gefühl in ihr auslösten. Ängstlich beobachtete sie den Menschen dabei, wie er mit beiden Händen einen schwarzen Stoff packte und diesen über den Behälter zog, bis kaum noch Sonnenstrahlen hereindrangen. Schon nach wenigen Minuten herrschte eine erdrückende Hitze und erschwerte ihr das Atmen. Mutlos legte sie sich hin, zog ihre Knie bis zum Kinn hoch und umschlang sie mit den Armen, um sich zu einem Knäuel zusammen zu rollen und die Augen zu schließen.
Das Zwielicht spiegelte genau ihren Zustand wider. Denn in ihr drinnen herrschte nur noch eine abgrundtiefe Düsternis. Alles andere war mit ihrer Mutter gestorben. Ihre Mutter. Nur der Gedanke an sie entlockte ihr wieder ein leises Wimmern. Was passierte? Kam nun auf sie zu? Was hatten diese Menschen vor? Sie konnte nichts weiter tun, außer auszuharren und darauf zu warten, was mit ihr geschah. Ihr harmonisches Leben, zerstört innerhalb weniger Sekunden. Aber was für ein Leben begann nun? Würde sie überhaupt leben? Wollte sie eigentlich weiterleben? Vor sich hin winselnd, vernahm sie gedämpft die anderen Geräusche. Sie hörte, wie mit einem feuchten, klatschenden Laut etwas auf den Wagen geworfen wurde und begann heftig zu Schluchzen. Sie roch das Blut und ahnte, was es war. Der tote Körper ihrer Mutter. Gleich darauf neigte sich der Wagen ganz leicht zur Seite, schwere Schritte ließen das Holz erbeben, auf die ein schwerer Seufzer und das Rascheln von Stoff folgten. Das Knallen der Peitsche, ließ sie zusammenzucken, dann erklang ein schnalzender Laut und mit einem harten Ruck begann sich der Wagen, in Bewegung zu setzen. Sie nahm die Schritte der Pferde wahr, die vom Moos abgeschwächt wurden, das Knarren und Ächzen, wenn der Wagen über Unebenheiten rollte, sowie das nervöse Schnauben der Pferde, die wohl die tote Wölfin und sie witterten. Jedes dieser Geräusche brannte sich tief wie feine Nadelstiche in ihre geschundene Seele. Durch den Spalt, unter dem Tuch hindurch, konnte sie die Menschen erkennen, die neben dem Wagen gingen, was sie jedoch nicht wirklich kümmerte, dennoch lauschte sie den Gesprächen.
„Die Kleine ist sonderbar. Habt ihr je so ein Kind gesehen?“
„Nein. Hast du gesehen wie sie die Zähne gebleckt hat, ganz wie der Wolf…“
„Unheimlich. Hoffentlich kann uns Baldur weiterhelfen, wobei ich glaube, dass der Alte nicht ganz begeistert sein wird, wenn er den toten Wolf sieht.“
„Ach, lass doch den Alten! Wir haben ein schönes Fell erbeutet und einen Wolf weniger, der unsere Schafe reißt.“
Jagdbeute. Ihre Mutter und sie waren nichts weiter als Jagdbeute. Trotz der Hitze schlang sie ihre Arme fröstelnd noch fester um die Knie, verschloss Augen und Ohren und wollte von dieser Welt nichts mehr wissen. Sie versank in die Leere, die sich in ihr ausgebreitet hatte, während der Wagen unaufhörlich über den Waldboden polterte. Immer wieder riss sie ein stechender Schmerz aus dieser Gleichgültigkeit, wenn der Wagen durch eine zu tiefe Unebenheit fuhr und sie gegen die harten Äste geschleudert wurde. Doch sie nahm den Schmerz gar nicht richtig wahr und versank schnell wieder tief in ihre Versunkenheit, aus der sie nie mehr herauswollte. Nie wieder würde sie eine Harmonie der Geborgenheit fühlen.
Die Welt, in der sie behütet von ihrer Mutter gelebt hatte und in der sie so glücklich gewesen war, gab es mehr. Man hatte sie auf brutalste Weise von ihrer Mutter getrennt. Die Wölfin vor ihren Augen getötet. Sie aus ihrer Umgebung gerissen. Brachte sie weg. Weg von dem Ort, an dem sie aufgewachsen war. Wo sie von ihrer Mutter das Jagen und eins mit der Natur zu sein gelernt hatte. All das gab es nicht mehr. Zum ersten Mal in ihrem so ruhigen, behüteten Leben fragte sie sich mit wachsender Angst, was nun aus ihr werden würde.
Wo brachte man sie hin? Wie sah wohl das neue Leben in der Fremde aus?
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