Sooooo ...... ich hab jetzt im "Schnellauf" eure Kommentare gelesen und mir mal ein paar interessante Sachen herausgepickt, zu denen ich gerne etwas beitragen möchte.
Die
erste Diskussion ging ja sehr auf das Thema, wann, wie viel Körpersprache einsetzen und ich fand besonders Gotthelfs-Meinung dazu ein interessanter Blickwinkel.
Dir ging es ja hauptsächlich darum, dass zu viel/detaillierte Körpersprachenbeschreibungen "unrealistisch" rüberkommen, da nur wenige Menschen (außer Sir Holmes) so explizit darauf achten würden.
Ja, ich finde du hast da einen Punkt, den ich in diesem Zusammenhang so noch nicht bewusst wahrgenommen habe.
Gotthelf schrieb:dass jemand das Gewicht auf sein hinteres Bein versetzt, wenn der Gesprächspartner ihm näher kommt, wodurch er eine defensive Haltung einnimmt, und außerdem kleiner aussieht, als er tatsächlich ist. Es ist eine recht spezifische Geste
Susanne hat dabei ja schon einiges rekommentiert (hier für mich die wichtigsten Ausschnitte):
Susanne schrieb:Wenn du jetzt ganz pingelig wärst, könntest du natürlich sagen, dass ein POV-Charakter in einer Szene NIEMALS mithilfe seiner Körpersprache näher charakterisiert werden dürfte, weil er sich ja niemals auf diese Weise von außen wahrnimmt
Normalerweise dient ja der Einsatz von Körpersprache in Dialogen und Szenen dazu, die Emotionen der Figuren und ihre Veränderung im Lauf der Szene wahrnehmbar und spürbar zu machen. Dazu eignen sich aber m.E. in erster Linie solche körpersprachlichen Ausdrucksformen, die spontan und meist unbewusst und unbeabsichtigt eine emotionale Regung bei einer Figur anzeigen ("Wo warst du?", fragte sie. Er wich steif einen Schritt zurück. "Das geht dich gar nichts an.").
Die für mich genau das darstellen, wie ich das Kapitel von Susanne auch verstanden habe.
Ich gebe Gotthelf recht, dass eine zu überzogene oder wie später erwähnt eine zu "originelle" Beschreibung von Emotionen durch Körpersprache aufgesetzt und unwirklich erscheinen, aber ich denke, dass es hier wieder darum geht, den richtigen Mix und vor allem den richtigen Zeitpunkt zu finden.
Gotthelf hat ja viele Kontz Beispiele gebracht, in denen er keine Körpersprache genutzt hatte - wieso? Mh, das weiß wohl Kontz selbst am besten, aber ich denke, weil es zum hervorheben der Szene einfach nicht notwendig war.
Wenn ich Susannes Satzbeispiel aber herannehme, könnte ich doch hier auch die Körpersprache weglassen.
Ich probiere das mal aus:
1. "Wo warst du?", fragte sie. "Das geht dich gar nichts an", sagte er abwehrend.
2. "Wo warst du?", fragte sie. Er wich steif einen Schritt zurück. "Das geht dich gar nichts an."
Jetzt meine
Frage an euch - wie empfindet ihr diese zwei unterschiedlichen Beispiele? Welches würde euch hier besser gefallen?
Zweiter Diskussionspunkt: Earl Grey schrieb:Ein Problem, das ich beim Schreiben eher habe, ist, Abwechslung reinzubringen. Ich tue mich mit Show don't tell! etwas schwer, und habe manchmal das Gefühl, in einer billigen Trickkiste zu wühlen.
In die Kategorie fallen ja auch irgendwie Beschreibungen der körperlichen Reaktionen, also Herzrasen, ein Kloß im Hals, schwitzen usw. (um mal von der klassischen Körpersprache abzuweichen). In meinem letzten Projekt habe ich aus der Sicht eines Vampirs geschrieben, dessen Körper faktisch tot ist. Wenn veränderte Atmung und Herzschlag etc. wegfallen, ist das auf einmal gar nicht mehr so einfach - earl Grey
Haha, das geht mir genauso und ich bin ehrlich gesagt richtig erleichtert gewesen, als ich Susannes Kommentar dazu gelesen habe.
Ich bin selbst so ein Autor, der sich ab und zu verbiegt, um ja nicht nochmal (aktuelles Beipsiel) "Monsterpflanze" oder "fleischfressende Blume" zu verwenden.
Naja, aber nach 2,3 anderen Wort Variationen gingen mir dann auch die Ideen aus - ist das schlimm? Muss ich mich jedes mal verbiegen?
Laut Susannes Meinung, muss ich vielleicht den Fokus darauf gar nicht so extrem legen, wie ich es bisher getan habe
--> dieser Punkt fand ich persönlich sehr hilfreich.
Dritter Punkt:Plotten und Charakterisierung
Dein Satz Fred
Fred schrieb:Mich interessieren meine Charaktere nur im Zusammenhang mit dem Plot. Sie dienen einzig dazu, eine spannende Geschichte rund um den Plot aufzubauen.
Fand ich in diesem Zusammenhang am spannendsten.
Ich bin noch NIE auf die Idee gekommen, keinen Charakterbogen zu machen. Wie soll ich denn dann in meinem Plot (ich plotte, sagen wir relativ detailliert), wissen, wie mein Charakter reagiert?
Passiert es dir dann nicht, dass dein Charakter seine Eigenschaftszüge während der Geschichte verändert? --> davor hätte ich nämlich Angst
Aber vielleicht hängt das auch davon ab, wie du plottest? Kannst du mal eine Plott- Beispielszene einstellen ?
Frage an Fred:Mich würde das brennend interessieren, wie du plottest und dann ohne dir vorher Gedanken über die Neigungen deines Charakters gemacht zu haben, die Charaktere darin einbaust.
Frage an Susanne:Machst du Charakterbogen? Wenn ja, wie sehen die aus?
Eventuell wäre auch ein Plott-Szenenbeispiel von dir interessant?
Vierter Punkt: Susanne schrieb:Das ist eine interessante Übung! Diese Erfahrung habe ich bei meinen eigenen Geschichten auch schon das eine oder andere Mal gemacht. Es ist schon erstaunlich, wie sehr es zuweilen das Denken befreit, aus einer Figur einmal herauszutreten und sie aus der Sicht einer anderen Figur wahrzunehmen. Unabhängig davon, dass einem plötzlich aus einer solchen Außenperspektive Dinge an dieser Figur auffallen können, die man bisher gar nicht auf dem Schirm hatte, kann es auch für die Geschichte selbst sehr bereichernd sein. Gerade wenn man bei einer Szene unschlüssig ist, aus wessen Perspektive man sie schreiben sollte (vielleicht, wenn zwei relativ gleichberechtigte Figuren darin auftreten), kann so ein Wahrnehmungs-Switch ganz erhellend sein und dabei helfen, das Konfliktpotenzial dieser Szene besser auszuloten
Ich hätte hier ein aktuelles Beispiele, eine Szene aus meinem Romanprojekt.
Ich Switche dort ab und zu zwischen den einzelnen Perspektiven, aber meist sind das von einander unabhängig reagierende "Personengruppen".
Nun habe ich mich bei einem Abschnitt ertappt, indem ich von meinem Hauptprota (weibl) zu meinem Nebenprota (männl.) gewechselt bin, um die Handlung die gerade passiert aus, in diesem Fall, "seiner" Sicht zu schreiben, mit Blick auf "sie".
Danach wechsle ich aber wieder zu "ihr". Nach einer Weile bin ich wieder auf diese Stelle gestolpert und habe sie umgeschrieben, weil ich den Bruch so krass fand....
Ich würde, wenn ich das Beispiel noch finde, es gerne hier einstellen wollen und mal eure Meinungen dazu abfragen. Da es hier zu der Diskussion passt.
Wäre das ok?Allgemeine Frage:wann bauen wir die Übungsbeispiele ein? Gibt's da ein offizielle Go? oder macht das jeder wie er lustig ist?
Und damit das der längste Post meines bisherigen Forumlebens wird noch ein
PS:
- sorry, für den rießen Post, da ich versuche nachträglich einzusteigen
-
@Susanne: gestern habe ich das letzte Kapitel gelesen und bin jetzt bei den Interviews! Bisher bekommt der Ratgeber eine Bestnote von mir.
Wo willst du die Rezi hinhaben? (Amazon, Thalia??)
Grüße