Ich wollte mich mal erkundigen, inwiefern ihr für eure Geschichten bestimmten Völkern eigene, selbst entwickelte Sprachen zuschustert, und wie ihr dabei vorgeht .
Von bestimmten Sprachen dürfte es mittlerweile so viele Versionen wie Bücher geben, weil man sich ja nicht etwa einfach beim Tolkien-Elfisch bedienen kann, wenn man seinen eigenen Elfen Sätze in den Mund legt.
Andererseits werden auch nur die wenigsten den Aufwand betreiben (bzw. überhaupt erst die linguistischen Kenntnisse besitzen), eine tatsächlich sprechbare Kunstsprache zu entwickeln, wie es bei Klingonisch, Na'vi oder (seit der Fernsehserie) Dothraki oder Hochvalyrisch der Fall ist. Das hat ja nicht einmal G.R.R. Martin selbst gemacht; die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet um die eigene Fantasy-Welt ein so großer Fankult entsteht, von dem einige Nerds bereit sein werden, die Sprache zu lernen, ist halt relativ gering .
Dennoch finde ich es sinnvoll, in eine Kunstsprache, sofern man sie denn schon verwenden möchte, dann auch genügend Aufwand zu investieren, dass sie in dem Rahmen, in dem sie im Text auftaucht, in sich stimmig und überzeugend wirkt - und nicht wie irgendein Kinder-Kauderwelsch, dass sich ein Gamer beim Zocken aus den Fingern gesaugt hat, um möglichst epic zu klingen .
Generell sehe ich, dass Fantasy-Autoren gerne mit Apostrophen ('), Circonflexes (^), Bindestrichen und Umlauten um sich werfen (weil das so "trve" Metal is ^^), ohne sich Gedanken darüber zu machen, was diese Sonderzeichen denn überhaupt heißen sollen; sie schreiben einfach so, wie sie finden, dass es am coolsten aussieht .
So funktionieren die meisten Sprachen aber nicht. Ein Circonflex etwa kommt z.B. im Französischen meist gezielt da zum Einsatz, wo im Herkunftswort einmal ein s war, das weggefallen ist (wie in "l'hôpital" --> "hospital"). Im Rumänischen hingegen ist es ein ganz konkreter Laut (î / â), d. h. der wird natürlich auch nicht einfach mal eben so zufällig irgendwo rein geworfen, wie viele Hobby-Sprachentwickler das gerne zu machen scheinen.
Deswegen kommt meist noch ein langer Aussprache-Katalog am Ende im Anhang, weil es aus der nach Gutdünken gemachten Schreibweise nicht ersichtlich ist, was wie ausgesprochen werden soll.
Dabei gibt es in der Realität jede Menge Sprachen, die mehr oder weniger phonetisch sind, also "genau so gesprochen werden, wie sie geschrieben werden".
Das ist zwar etwas, was viele über ihre eigene Muttersprache denken; vor allem ist dabei aber wichtig, dass jedem Buchstaben oder jeder Buchstabenkombination eine eindeutige Aussprache zugeordnet ist, egal welche, die dann konsistent in allen Fällen gilt. Der Albaner etwa mag ein "q" immer wie "tj" aussprechen, aber das ändert sich dann auch nicht, man muss es nur einmal wissen. In germanischen Sprachen hingegen ändert sich die Aussprache von allerhand Vokalen und Konsonanten abhängig von der Position, Betonung und welche Buchstaben sie umgeben (Beispiel ch in "Dach" vs. "Dächer"), Buchstaben werden kurz oder lang je nachdem, wie viele Konsonanten danach stehen, usw.
Phonetische Sprachen (bspw. Finnisch, Ungarisch, Albanisch) haben da als Inspirationsquelle also durchaus ihre Vorteile; das Problem ist: Aufgeschrieben sieht das meistens ziemlich hässlich aus . Doppelte Umlaute (ää / öö), Umlaute mit und ohne Akzente (´), Buchstabenkombinationen wie "sz", "shp", "shq", "zgj", das liest sich alles nicht besonders schön.
Also hat man quasi die Wahl zwischen etwas, was irgendwie "cool" aussieht, und etwas, wo der Leser vielleicht noch irgendwie eine Chance hat, sich herzuleiten, wie der Autor das denn mit der Aussprache ursprünglich gemeint hat .
Wenn ein Leser einem mündliches Feedback gibt und einen Charakternamen anders ausspricht, sodass man selbst als Autor kurz nicht weiß, wer gemeint ist - dann kann man dieses gegenseitige Missverständnis ja noch leicht klären.
Wenn es hingegen ein ganzes Hörbuch über passiert, ist das schon ärgerlicher. Extrembeispiel wäre hier Harry Potter, wovon es zwei komplette Hörbuchreihen gibt: Rufus Beck redet immer von Draco MAL-foy, Felix von Manteuffel hingegen von Draco mal-FOY. Und ob Snape jetzt mit Vornamen "se-VIE-rus" (Beck) oder "SE-ver-rus" (Filme) heißt, weiß auch keiner so genau .
Wenn ihr eigene Sprachen (oder häufiger wahrscheinlich: einzelne Sätze in eigenen Kunstsprachen) in eure Geschichten eingebaut habt, wie habt ihr das gelöst?
Ein Beispiel:
Ich sehe z. B., dass Deutsch sehr verschwenderisch mit seinen Buchstaben umgeht, anstatt die große Zahl an Buchstaben zu verwenden, um klarer zwischen bestimmten Aussprachen zu unterscheiden. So ist es z.B. oft nicht ersichtlich, ob ein einzelnes e jetzt lang oder kurz ist, ob ein s stimmhaft (also wie ein Summen) oder stimmlos (also wie ein Zischen) ist, usw. Ein c hingegen ist gar kein eigenständiger Laut; es kann mal ein z, mal ein k sein, etc.
Sprachübergreifend gesehen hingegen kommt es meiner Wahrnehmung nach viel häufiger vor, dass ein s ein stimmloses s (gezischt) und ein z ein stimmhaftes s (gestummt) ist. Wenn man dann ein deutsches z meint, wird entweder c geschrieben oder ts. --> deutlich klarere, eindeutigere Lösung
Das führt so weit, dass ich, wenn ich in einer unbekannten Sprache jetzt ein z lese, es instinktiv immer auch erst einmal als ein stimmhaftes s spreche, statt als deutsches "ts".
Ist daher auch etwas, dass ich so für bspw. mein Elfisch übernommen habe: s = stimmlos, z = stimmhaft
Eine weitere interessante Frage ist, welche Wörter in einer Sprache keine Entsprechung haben :
Ein paar Beispiele:
Im Dothrakischen gibt es kein Wort für "danke".
Im Klingonischen gibt es kein Wort für "sein" / "existieren" (wie auch in einigen realen Sprachen). Als Verabschiedung wünscht man dem anderen eigentlich nur "Erfolg" (Qapla!), und die Begrüßung heißt wörtlich eigentlich "Was willst du?"
Im Kölschen gibt es kein Wort für "Liebe", und auch das Verb dazu nicht. Im Finnischen gibt es zwar eins, aber es ist sehr unüblich, es zu benutzen.
Die Inuit haben dafür mehrere Dutzend Wörter für "Schnee".
Man sieht also einerseits an der Sprache, was einer gegebenen Kultur wichtig ist.
So etwas kann dann andererseits auch wieder spannende Bezüge zur Handlung haben, wenn z. B. einem bestimmten Volk irgendein Konzept dann gar nicht geläufig ist, weil sie kein Wort dafür haben.