von Necroghoul7 Mi Feb 12, 2020 1:08 pm
Hallo,
dieses Thema ist schon etwas älter, aber ich möchte gern noch etwas dazu beitragen, da es auch für andere hilfreich sein könnte.
Zunächst muss zwischen Jugendschutz und Gewaltverherrlichung unterschieden werden, denn das erstere ist strenger. Wenn man unsicher ist, kann man sicherheitshalber alles als "FSK18" markieren, auch bei Veröffentlichungen. Hinterher kann man mit der Altersfreigabe immer noch runtergehen. Gewaltverherrlichung ist wiederum auch dann problematisch, wenn es sich um Werke für Erwachsene handelt.
Dabei geht es nicht ausschließlich um die explizite Gewalt selbst, denn sonst wären ja Serien wie The walking dead verboten. Es geht vielmehr um die Intention und Motivation, diese darzustellen, um den Gesamtzusammenhang und darum, was damit suggeriert wird. Daran sieht man bereits, dass das nicht immer eindeutig ist und sich manchmal der Gang vor Gericht lohnt, vor allem, weil die Freiheit der Kunst einen besonderen gesetzlichen Schutz genießt.
Bei Gewalt muss noch unterschieden werden, um es sich um asexuelle "reine" Gewalt oder um Gewaltpornographie handelt, wobei die Grenzen fließend sein können. Dabei fallen unter Gewaltpornographie auch Darstellungen, die ein Laie nicht dafür halten würde, also informiert euch im Zweifelsfall. Im S/M-Bereich gibt es eine juristische Grauzone, auch im Literarischen. Die Rechtsprechung kann sich im Laufe der Jahrzehnte stark verändern, d.h., es kann durchaus passieren, dass in zehn Jahren etwas beanstandet werden wird, was heute keine Probleme mit sich brächte, und umgekehrt.
Auch mit "Zensur" können verschiedene Dinge gemeint sein: Einmal die zivile Zensur, wenn beispielsweise in diesem Forum ein Beitrag gelöscht wird, der zwar nicht gegen geltendes Recht, aber gegen Forenbestimmungen verstößt. Bei veröffentlichten Medien muss zwischen Indizierung und Beschlagnahme unterschieden werden, denn erstere bedeutet lediglich strengere Auflagen für das Zugänglichmachen (was den Verkauf natürlich erheblich erschwert), während Beschlagnahme wirklich bedeutet, dass alles (bis auf ein Privatexemplar, es sei denn, es hat einer Straftat gedient oder es handelt sich im Kinderpornographie) komplett eingezogen wird.
Für mich ist das Thema derzeit aktuell, da ich in meiner Anthologie auch darauf achten muss, dass keine Geschichten enthalten sind, die als gewaltverherrlichend oder gewertet werden könnten. Eine musste ich arg zurechtstutzen und hoffe, dass ich mich mit dem Autor einigen kann. Denn im Zweifelsfall trifft mich als Herausgeber der Ärger, und ich hätte auch keine Lust dazu, dass mein Rechner monatelang in einer Asservatenkammer herumsteht.
Außerdem muss man, wenn man mit einer Plattform wie BoD oder epubli zusammenarbeiten will, auch deren Vertragsbedingungen akzeptieren - und auch diese lassen ähnlich breiten Interpretationsspielraum.
Wichtig finde ich, sich schon im Voraus eine gute Argumentationsstrategie zurechtzulegen. Manchmal lohnt es sich auch, ein Werk vorab einem Rechtsanwalt vorzulegen und die strafrechtliche Unbedenklichkeit schriftlich geben zu lassen - das würde ich nicht nur bei Gewaltdarstellungen, sondern politisch eventuell nicht korrekten Werken empfehlen. Damit schützt man sich zwar nicht automatisch gegen Zensur, aber vor Strafverfolgung, denn man kann im Falle einer Anzeige glaubhaft einen Verbotsirrtum belegen.
Falls jemand über dieses Thema stolpert und Fragen hat, kann er mir auch gern eine PN schreiben. Ich will nicht behaupten, dass ich Experte wäre, aber ich habe mich in der Vergangenheit ein wenig über verwandte Themen ausgetauscht und belesen.