von Incendium Mo Nov 16, 2015 11:54 pm
Die Kutsche polterte über die unebene Landstraße, sodass die Insassen auf ihren Bänken auf und ab flogen.
Hin und wieder entsprang seiner Gemahlin und ihrer Vertrauten ein hochfrequentes erschrockenes Piepsen, wenn sie über einen besonders großen Stein, oder Ast fuhren.
Ghalleon verzog dabei keine Miene und sprach die ganze Fahrt über kein Wort. Sein Blick starr aus dem Fenster gerichtet ließ er die Reise über sich ergehen. Er hasste solch unnötigen Reisen. Der Graf Hargam von Hellstadt lud zu zu einem exklusiven Ball, bei dem sich ein großer Teil des Hochadels versammeln sollte. Es war ein nichtssagender Abend, den es nur gab, damit sich der Adel besaufen und rumhuren konnte, das war alles. Außerdem musste er dort, im Gegensatz zu Kriegsräten mit seiner Gattin erscheinen, was permanenten Ärger versprach.
Aufgrund der schlechten Beschaffenheit der Straße, welche nebenbei bildlich für den Zustand des Herrschaftsgebietes Hargams stand, waren ihre Räder schon oft zerbrochen, weshalb sie zeitlich im Verzug waren. Und das geziemte sich für den obersten General nicht. Daher musste Ghalleon ein genervtes Stöhnen unterdrücken, als ihr Tross plötzlich zum Stillstand kam.
»Was kann denn nun schon wieder passiert sein?«, fragte seine Gattin.
Anstatt zu antworten stieg er aus der Kutsche, er musste sich ein wenig die Beine vertreten und so konnte er gleichzeitig selbst nachschauen, was sie aufhielt:
Es war ein Tross verdammter Gaukler. Halsabschneider und Betrüger, welche es vorzogen statt einer Rüstung und einem Schwert Lumpen und Glöckchen zu tragen. Seine Leibgarde war schon dabei die Schausteller dazu zu bewegen den Weg frei zu machen, aber das würde wohl noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen, also nutzte Ghalleon die Zeit, um sich ein wenig von seinem Trupp zu entfernen. Nur allein konnte er vernünftig nachdenken. Die angespannte Lage der Hafenlords machte ihm immer noch zu schaffen und erforderte eigentlich derzeit seine ganze Energie. Jedoch konnte er eine Einladung eines so großen Grafen schließlich unmöglich ablehnen, denn dies käme einer Beleidigung gleich.
Aber allem Anschein nach sei es ihm heute nicht vergönnt überhaupt noch seine Ruhe zu haben, denn kaum abseits des Trosses hörte Ghalleon Kampfgeräusche. Zwei junge Menschen rauften sich am allem Anschein auf dem Boden und es sollte ihn eigentlich nicht kümmern, wenn niederes Volk sich im Dreck wühlte, aber ein Wort ließ ihn stutzen: Codex Convinus?
Einfache Bürger hatten keinen Zugang zu solch einer hohen Lektüre, wieso fiel also der Name dieses Werkes?
Ghalleon beschloss dem auf den Grund zu gehen und erblickte einige Schritte weiter die beiden Kämpfenden:
Einen einfach gekleideten Jungen, welcher hilflos im Griff eines zierlichen Mädchens gefangen war. Was für ein erbarmungsloser Schwächling. Sie hatten sein Kommen nicht bemerkt und eigentlich ziemte es sich nicht, wenn er seine Zeit für belanglose Streuner opferte, aber der Göre würde er eine Lektion erteilen.
»Codex Convinus - eine langweilige Lektüre also? Soso«, Ghalleons laute harte Befehlsstimme übertönte das Ächzen der Rangelnden mühelos, sodass die Köpfe der beiden erschrocken zu ihm herumfuhren.