Die Drachen aus dem Eragon sind aus Anne McCaffreys "Drachenreiter von Pern" abgeschrieben, einer Science Fantasy Reihe, in der Siedler von der Erde sich auf einem Planeten niederlassen und dort (bewusst) zu einer primitiveren Kulturstufe zurükkehren. Auf diesem Planeten gibt es viele einheimische sechsgliedrige Lebewesen, unter anderem Tunnelschlangen, Wherries und kleine fliegende Tierchen, die Feuer speien können und sich empatisch an die Neusiedler binden. Aus einer Notlage heraus züchten Gentechniker aus dieser einheimischen Tierart große "Drachen", mit denen die Neusiedler gegen eine Bedrohung aus der Luft kämpfen können. Hier merkt man, wie ich finde, sehr schön die Science in der Fantasy, da alles, was nicht unserer Realität entspricht, zumindest logisch erklärt werden kann. Die "Drachen" von Pern heißen lediglich so, weil sie den Sagentierender irdischen Mythologien optisch und in ihren Fähigkeiten ähneln.
Auch Fantasy, die sich nicht auf Science beruft, sollte meiner Meinung nach eigentlich plausibel sein. Flugfähige, feuerspeiende Lebewesen in der Größe von Lkws sind allerdings zwar nicht sehr plausibel (obwohl auch Flugzeuge größer sind als Lkws und trotzdem fliegen können), aber die Vorstellung von Drachen, Wyvern oder Lindwürmern ist in praktisch allen irdischen Kulturen so tief verwurzelt, dass Leser (von Fantasy) sie so aktzeptieren können, wie sie sind. Werden solche Science-Bonbons dazu geliefert, wie das Feuerspeien durch Entzünden ausgestoßener, brennbarar Gase erst im Rachenraum des Drachen durch so eine Art Feuerstein, dann sind das hübsche Geschenke an den Leser, die diesen zusätzlich erfreuen. In einem Scheibenweltroman von Pratchett kommt ein Sumpfdrache vor, bei dem eine Mutation zu einer Art Schub-Umkehr des Feuerstrahls führt. Er kann trotz seiner unterentwickelten Flügel und auch insgesamt sehr seltsamen Gestalt (Kleiner spitzer Kopf mit übergroßen Nasenlöchern, keilförmiger Körper) fliegen, indem er auf seinen brennenden Darmgasen reitet. Und zwar sehr schnell.
Zum Thema des sich flügellos durch die Luft schlängelnden, chinesischen Drachen: hat jemand die Buchversion der unendlichen Geschichte vor seinem geistigen Auge? Darin ist der Glücksdrache Fuchúr genau so ein Wesen, das (nach den bedauernden Worten des Autors Michael Ende) in der Verfilmung zu einer Art "Plüschgoofy" verunstaltet wurde. Auch im Anime "Cihiros Reise ins Zauberreich" kommt ein Gestaltwandler vor, der sich in so einen schlängelnden Luftdrachen verwandeln kann.
Auf dem berühmten Bild des Heiligen Georg ist der dargestellte Drache übrigends nur etwa so groß wie ein Vogel Strauß, hat zwei Beine und zwei Flügel. Soviel zu der "üblichen" mitteleuropäischen Vorstellung von Drachen. Mein Drache Nermaal (aus dem Drachstaad-Roman) hat aber auch vier Beine und zwei Flügel. Gefällt mir einfach am besten. In einem noch unfertigen Projekt schreibe ich dagegen über einen Lindwurm (ohne Flügel), der eine Armee am Überqueren eines Flusses hindern will.
Im SciFi-"HomAnx"-Universum von Alan Dean Foster (auch bekanndt durch die grandiosen Bannsänger- Fantasy-Romane!) gibt es als Begleiter des jungen Flinx eine geflügelte Schlange, die nicht Feuer, sondern ein stark korrodierendes Gift spucken kann, und die als alaspinischer Minidrach bezeichnet wird. Pip beherrscht einen Schwirrflug wie ein Kolibri, was ihn (später stellt sich heraus, dass er doch eine "Sie" ist) über seine beinlose Schlangengestalt hinaus sehr beweglich und gefürchtet macht. Allein das Titelbild hat mich seinerzeit animiert, meinen ersten Band dieser Reihe antiquarisch zu kaufen.
Ein besonders hübscher - nein, nicht Drache, aber ein greifenähnliches Wesen - mit sogar sechs (oder mehr?) Flügeln wird ja auch in den "phantastischen Tierwesen" dargestellt. Ich finde, ohne diese Animation wäre der Fantasy-Kunst etwas Wunderschönes entgangen. Mir gefällt gerade die Vielfalt der Drachenversionen in der Fantasy. So ist für jeden Lesergeschmack etwas dabei. Und darüber hinaus bedeutet Fantasy ja nicht, dass der Autor an irgendwelche Realitäten gebunden ist, sondern gerade, dass er selber etwas erschaffen darf.